Fancorner > Kolumnen-Berichte > Gedanken zum Saisonstart und Jahrestag!!

01.12.2002 00:00:00 |
Vor gut zwei Jahren bin ich in Lake Louise (CA) an der ersten Abfahrt des Jahres auf das Podest gefahren. Ich war in einem unglaublichen „Hoch“, körperlich sowie geistig. Der Anfang einer grossen Skikarriere konnte beginnen. Gestern, gute zwei Jahre später habe ich mir das Rennen im Fernsehen angeschaut. Ich hätte liebend gern der ganzen Nation mein Können gezeigt, wäre bestimmt mit Herz gefahren!! Aber eben im Leben gibt es viele Situationen in denen man mit Wörtern wie wenn und aber herumschlägt. Fact ist aber, dass es momentan schmerzt vom Spitzensport loszulassen. Loszulassen von einer meiner grössten Leidenschaft. Die Leidenschaft wird in anderen Gebieten wieder kommen, davon bin ich überzeugt und ja auch auf dem besten Weg dazu. Normalerweise bin ich ein Mensch der sehr gerne vorausschaut und sich immer an neuen Zielen, Visionen und Herausforderungen orientieren kann. In den nächsten zwei Wochen wird die Vergangenheit und Zukunft aber miteinander vertauscht und ich werde bewusst zurückdenken. Zurück in eine schöne Zeit, die mir sehr viel gegeben hat, mich glücklich gestimmt hat. Wenn ich das ganze Rad um ein Jahr und eine Woche zurückdrehe und meine Gedanken ortne, verspüre eine Wehmut und einen schmerzender Stich im Herzen. Ich möchte wieder zurück auf die Abfahrtspisten. Für mich keine Überraschung, denn ich kann nach einem Jahr nicht schon all die schönen Erlebnisse, die ich nun durch meine eingeschränkte Mobilität nicht mehr erleben darf, spurlos an mir vorübergehen lassen!! Noch nicht, es gibt Momente da kann ich sehr wohl zurückschauen und über Dinge lachen, Energie daraus tanken. Das Jahr nach dem Unfall war so komplett anders geformt, da wird es sehr schwierig vergleiche mit dem Leben zuvor zu ziehen. Ich finde es ist auch nicht nötig. Bilanz ziehe ich trotzdem: Mir wurde letzten Dezember nicht gestattet den Rahmen meines Schicksals zu wählen, mir wurde eine enorm grosse Herausforderung hingestellt, die ich nicht aussuchen konnte! Das Bild das ich aber in den Rahmen hineinlege, ist mir selbst überlassen. Der Gedanke, das Leben lang auf den Rolli angewiesen zu sein, birgt automatisch auch Verluste. Ich habe durch die Querschnittslähmung an Freiheit verloren, muss auf vieles das früher Selbstverständlich war verzichten. Ich habe an diesem Tag aber nicht nur verloren, sondern so brutal wie es ist, auch gewonnen. Die Erfahrungen die ich in diesem Jahr gemacht habe, werden mich das ganze Leben lang prägen.
Die nächsten zwei drei Wochen werden sicher nicht einfach werden und mich viel zum Nachdenken bringen. Die Zeit vergeht aber und schon bald warte ich gespannt, was das nächste Jahr an Erlebnissen mitsich bringt. Eine schöne Adventszeit wünscht
Euer Silla